Pressemitteilung

Am 20. März stimmte der Nationalrat dem Freihandelsabkommen mit Indien zu, welches 2024 unterzeichnet wurde. Diese Abstimmung ebnet den Weg für ein Inkrafttreten nach Ablauf der Referendumsfrist am 10. Juli 2025. Wie die indischen Organisationen der Zivilgesellschaft, Gewerkschaften und Bauern lehnt auch Uniterre diese Verträge zur Handelsliberalisierung ab, kann aber mangels ausreichender Ressourcen kein Referendum ergreifen. Die Belastung der Schweizer Landwirtschaft durch Importdumping als Folge der WTO-Abkommen wird dadurch nur noch größer. Im internationalen Kontext eines verschärften Wettbewerbs um die Kontrolle der Ressourcen, einer Landwirtschaftskrise und angesichts der sozialen und ökologischen Herausforderungen ist jetzt eine Änderung der Handelspolitik der Schweiz notwendig. Der aktuelle Zeitpunkt der endgültigen Blockade der WTO und des immer sichtbarer werdenden Scheiterns der räuberischen Freihandelsideologie muss genutzt werden, um den Schutz der einheimischen Produktion, sowohl in der Landwirtschaft als auch in der Industrie, den öffentlichen Dienst und die Wahrung der Arbeitsbedingungen zu stärken. Wir lehnen die Unterzeichnung neuer Freihandelsverträge ab und fordern eine Neuverhandlung der bestehenden Verträge einschließlich des WTO-Vertrags. Die Schweiz muss sich für eine Handelsregulierung unter der Regelwerk der Vereinten Nationen einsetzen, wie dies von Via Campesina gefordert wird.

Der Bundesrat verteidigt einmal mehr die einseitigen Interessen des Finanzplatzes, von Handelsgesellschaften, Bergbauunternehmen, Versicherern und Rückversicherern sowie von Industrieunternehmen, die sich in globalem Rahmen bewegen und sich auf die Plünderung der Umwelt und ein unhaltbares Sozialdumping stützen. Gemäß dieser Logik werden die Kosten auf die Allgemeinheit abgewälzt, während die Gewinne privatisiert werden. Für eine Demokratie ist es von entscheidender Bedeutung, den Handel und seine Bedingungen unter der Regulierung öffentlicher Instanzen zu halten, anstatt die wirtschaftliche Steuerung an multinationale Konzerne abzutreten.

Bei diesem Abkommen geht es nicht in erster Linie um die Landwirtschaft, sondern um die Senkung der Zolltarife für Industriegüter, Dienstleistungen und Investitionen. So bietet es Zugang zu Bodenschätzen und pflanzlichen Ressourcen wie auch zu billigen, hauptsächlich weiblichen Arbeitskräften in einem offenen und deregulierten Markt. Das Abkommen sieht Direktinvestitionen in Höhe von 100 Milliarden und die Schaffung von einer Million Arbeitsplätzen vor. Es ist zu befürchten, dass die geschaffenen Arbeitsplätze auf eine vielfache Vernichtung von Arbeitsplätzen in der informellen Wirtschaft hinauslaufen werden. Anstatt durch den Zugang zu dezentralisierten Krediten eine eigenständige Entwicklung zu fördern, werden also integrierte und finanzierte Sektoren der globalisierten Wirtschaft profitieren.

Indische Bauernkämpfe – ein Dorn im Auge der Globalisierung

Indien ist das bevölkerungsreichste Land der Welt. Die bäuerliche Landwirtschaft und die Landbevölkerung machen immer noch fast 70 % der 1,4 Milliarden Einwohner aus. Der Sektor steht unter doppeltem Druck, sowohl wirtschaftlich als auch klimatisch, besonders in Bezug auf die saisonale Verteilung der Regenfälle. Das Einkommen liegt für die große Mehrheit der Bevölkerung und namentlich für die ländliche Bevölkerung immer noch unter einem Dollar pro Tag. Die massiven, mit Blutzoll ausgetragenen Bauernkämpfe der letzten Jahre haben den Liberalisierungsversuchen der Regierung Modhi einen vorläufigen Dämpfer versetzt. Der Austritt aus der WTO, das Ende der Freihandelsabkommen sowie der Schutz der Märkte durch Zölle in den Bereichen Landwirtschaft und Güter sowie die Regulierung des Finanzsektors bleiben Ziele der Volksmobilisierung.

Die Bauernorganisationen fordern garantierte Mindestpreise, die auf alle Kulturen ausgeweitet werden, um einen Schutz vor Marktschwankungen und ein besseres Einkommen zu haben. Diese weltmarktunabhängigen Preise werden unter Berücksichtigung von Pacht- und Zinszahlungen für Land und Anlagevermögen ausgehandelt. Sie sollten 50 Prozent über den gewichteten durchschnittlichen Produktionskosten liegen. Eine öffentliche Kontrolle der Vermarktung sowie eine Sozial- und Altersvorsorge gehören ebenfalls zu den Forderungen der Bauern und Gewerkschaften.

Dieser Kampf gegen die Liberalisierung geht Hand in Hand mit der Verteidigung der demokratischen Rechte, der Meinungsfreiheit, der Gewerkschaftsfreiheit und der Religionsfreiheit. Die sozialen Bewegungen fordern eine tripartite Konferenz über die Arbeitsbedingungen und die Beibehaltung der direktdemokratischen Institutionen der Dorf- und Stadtversammlungen. Uniterre, als Schweizer Mitgliedsorganisation der internationalen Bauernbewegung Via Campesina, schließt sich in voller Solidarität dem Kampf der indischen Bauernorganisationen an.

 

Überblick über den Agrarhandel Schweiz – Indien

Zu den Importen gehören hauptsächlich Chemikalien, Textilien, Edelmetalle, Aluminium und landwirtschaftliche Produkte im Wert von 1,9 Mrd. CHF im Jahr 2023, wovon 127 Mio. CHF auf landwirtschaftliche Produkte entfielen. Im Jahr 2023 bestanden 50 % der Agrareinfuhren aus Kaffee, Tee und Gewürzen. Allein auf ungerösteten Kaffee entfielen 45,4 % des Importwerts.

Reis, Tafeltrauben, Krevetten, Cashewnüsse, Rizinusöl, frisches Obst, Zuckermais sowie frische und eingelegte Gurken und Cornichons machten zusammen 39,2 % des Importwerts aus.
Die Schweizer Exporte beliefen sich im Jahr 2023 auf 1,5 Mrd. CHF und umfassten Maschinen, pharmazeutische Produkte, Präzisionsinstrumente und chemische Produkte. Im Agrar- und Ernährungssektor waren die wertmäßig wichtigsten Schweizer Exporte Getränke, Schokolade und andere kakaohaltige Lebensmittelzubereitungen sowie Zubereitungen aus Fetten oder Ölen, die zusammen 85,4 % des Wertes der Exporte der Nahrungsmittelindustrie ausmachten. Der Gesamtwert betrug 18 Mio. CHF.

Edelmetalle und Perlen werden in diesen Zahlen nicht berücksichtigt. Die Schweiz exportiert große Mengen Gold nach Indien. Die Importe von Edelmetallen und Perlen machen ca. 15% des Wertes aus.

Kontakt:

Rudi Berli, Uniterre, 078 70 77 883, r.berli@uniterre.ch

 

pdf