Welthandelsorganisation und
Freihandelsabkommen

D er Bundesrat behauptet, dass die Schweizer Landwirtschaft nicht genug wettbewerbsfähig sei und dass die Produktivitätssteigerungen nicht ausreichen würden. Das Gegenteil ist der Fall. Der Bundesrat untergräbt diese Leistungsfähigkeit, indem er unter anderem Zollsenkungen im Rahmen von Freihandelsabkommen (FHA) einführt und damit den Druck auf die Preise und die einheimische Produktion verstärkt. Dies steht im Widerspruch zu den in der Verfassung verankerten Nachhaltigkeitszielen sowie zum Ergebnis der Volksabstimmung über die Ernährungssicherheit.

Seit ihrer Gründung im Jahr 1995 treibt die Welthandelsorganisation (WTO) die Liberalisierung und Öffnung der nationalen Märkte voran. Dabei nutzen die multinationalen Konzerne die Komplizenschaft der Regierungen, um Demokratie, Grenzschutz sowie Sozial- und Umweltstandards auf Kosten der Ernährungssouveränität abzubauen.

Grenzüberschreitenden Handel darf es nur in einer fairen und nachhaltigen Form geben. Wir fordern, dass der heimische Markt vor Dumpingimporten geschützt wird, die unsere Produktion unter Missachtung von Umwelt- und Sozialstandards unfair benachteiligen. Umgekehrt muss die Schweiz den Export von Lebensmitteln zu Dumpingpreisen stoppen. Wir müssen die Versorgung der Bevölkerung mit einheimischen Lebensmitteln priorisieren. Dies ist zudem die einzige Möglichkeit, unsere Ernährung auch im Krisenfall zu sichern. So wie wir gegen das Freihandelsabkommen mit Indonesien vorgegangen sind, wird Uniterre auch alle zukünftigen Freihandelsabkommen bekämpfen.

Gentchnisch veränderte Organismen

Mithilfe technisch-wissenschaftlicher Werkzeuge sind die multinationalen Konzerne der Agrarindustrie seit Jahrzehnten daran, sich das Leben mit all seinen Facetten anzueignen, um es zu privatisieren, zu patentieren und zu kommerzialisieren. Ihre Handlungsmacht ist immens! Genetisch veränderte Organismen (GVO), Transgenese, das Werkzeug zur Genomeditierung CRISPR/Cas oder neue GVO, die sich unter anderen Namen verbergen – all diesen Technologien ist gemeinsam, dass sie für viele Arten wie auch für die Spezies Mensch existenzielle Risiken bergen und die Integrität des Lebens auf der Erde gefährden.

Diese neuen Technologien, die oftmals auf der Ebene von Laborbasteleien verharren, gehen auf Kosten der Vielfalt lokaler und alter Sorten, die von Bäuerinnen und Bauern auf der ganzen Welt entwickelt, gepflegt und geschützt werden. Wir verurteilen die Privatisierung des Lebens durch grosse multinationale Biotechnologie- und Agrochemiekonzerne. Die Umweltkrisen werden nicht durch technologische Massnahmen gelöst. Und mit Sicherheit nicht durch Massnahmen, die von den gleichen multinationalen Saatgut-, Agrochemie- oder Pharmakonzernen vorgeschlagen werden, die schon heute immensen Schaden anrichten. Wir brauchen neue politische und soziale Weichenstellungen, die auf Genügsamkeit, Sparsamkeit und sozialer Gerechtigkeit beruhen.

Uniterre ist Mitglied der Schweizer Allianz Gentechfrei (SAG) und der Schweizerischen Allianz für eine gentechnikfreie Landwirtschaft.

Smart agriculture

Nanotechnologien, Geo-Engineering, Einsatz von Drohnen, synthetische Biologie, Sensoren, zahlreiche Smartphone-Apps – sie alle sind relativ neu und gehen einher mit digitalisierter, also mit intelligenter, klimaangepasster Landwirtschaft (Smart Agriculture oder Smart Farming). Die Möglichkeiten dieser neuen Praktiken, die die Wettbewerbsfähigkeit und Effizienz der Schweizer Landwirtschaft mithilfe digitaler Technologien steigern sollen, scheinen endlos. Die grossen Unternehmen der Digital-, Versicherungs- und natürlich auch der Agrochemiebranche versprechen den Landwirt*innen, dass sie alle Risiken abdecken und ihre Felder und ihr Vieh mithilfe von Sensoren von ihrem Smartphone aus verwalten können. Wie schon bei den GVO oder dem Hybridsaatgut lassen sie erneut wesentliches Wissen und Können der Bäuerinnen und Bauern aussen vor: die Verankerung in der Natur, das traditionelle Know-How, die Kenntnisse über das eigene Land.

In diesem technologischen Vorwärtsdrang können nur die grossen industrialisierten Bauernhöfe mithalten, jedoch oft zum Preis einer noch höheren, übermässigen Verschuldung. Der Druck auf kleine und mittlere Bauernhöfe, sich einem trügerischen Modell anzupassen, wird weiter wachsen. Und wie steht es um den Datenschutz? Was ist mit der Herstellung und dem Recycling dieser neu benötigten Geräte, die seltene Rohstoffe und fossile Energie verbrauchen? Der Landwirtschaft wird oft eine grosse Verantwortung für die Klimaerwärmung zugeschoben, aber Rechenzentren sind gigantische Energiefresser und stossen enorme Mengen an Treibhausgasen aus. Die durch die Digitalisierung erzwungene Anhäufung von Daten wird das Klima-Problem nur noch verschlimmern und unsere Abhängigkeit von grossen multinationalen Konzernen weiter erhöhen.

Wir verteidigen Innovationen, wenn sie den Bedürfnissen und Interessen der Bäuerinnen und Bauern entsprechen, insbesondere lizenzfreie Low-Tech-Werkzeuge für die Landwirtschaft, die es den Nutzerinnen und Nutzern ermöglichen, die Kontrolle über die Technologie zu behalten. Denn auch das bedeutet Ernährungssouveränität. Die Digitalisierung des Landwirtschaft wird nicht zu einer besseren Nutzung und zum Schutz der natürlichen Ressourcen führen: Das wird nur durch die Erprobung, Entwicklung und Weitergabe agrarökologischer Ansätze möglich sein. Eine Landwirtschaft mit Zukunft ist nicht digital, sondern bäuerlich und sozial!