Pressemitteilung Uniterre
Mit einer symbolischen Aktion auf dem Bundesplatz am Dienstag, den 26. November um 14 Uhr teilte Uniterre seine düsteren Erkenntnisse über die aktuelle Agrarpolitik mit: Kindertraktoren fuhren in eine Wand aus Kartons, die eine Agrarpolitik symbolisieren, die die Bäuerinnen dieses Landes gegen die Wand fährt! Auf die Aktion folgte eine Pressekonferenz im Café „Entrecôte Fédérale“, auf der die Grundzüge des Vorschlags von Uniterre zur Agrarpolitik 2030 vorgestellt wurden.
Der Vorschlag basiert auf den vier Punkten, die in der Motion 22.4251 – „Bericht zur zukünftigen Ausrichtung der Agrarpolitik. Konkretisierung des Konzepts » hervorgehoben wurden.
Hier einige Auszüge :
- Preise garantieren, die nie unter den Produktionskosten liegen, mit einem Lohn für die Bäuerinnen und Bauern von 40 Franken pro Stunde. Den Standardarbeitsvertrag für Landarbeiterinnen und Landarbeiter auf nationaler Ebene vereinheitlichen und ihnen einen Mindestlohn von 30 Fr./Std. brutto garantieren.
- Stärkung der Grenzschutzinstrumente, um Sozial-, Wirtschafts- und Umweltdumping entgegenzuwirken und die Landwirtschaft von allen Verhandlungen über Freihandelsabkommen ausschliessen.
- Beendung der Kalibrierung von Obst und Gemüse im Detailhandel, um der Lebensmittelverschwendung entgegenzuwirken.
- Unterstützung des Generationswechsels und Einführung von Instrumenten zur Erleichterung des Zugangs zu Land für Personen, die nicht aus dem landwirtschaftlichen Umfeld stammen.
- Eine Liste unlauterer Handelspraktiken aufstellen, die verboten werden sollen (nach dem Vorbild der EU).
- Transparenz der Margen in der gesamten Wertschöpfungskette mit der Einrichtung einer Preisbeobachtungsstelle als erstem Schritt.
- Verbot der Kumulierung von Mandaten in Branchenverbänden, um ein Gleichgewicht der Kräfte zwischen Käufern und Produzenten zu gewährleisten.
- Das Recht auf Nahrung in der Agrarpolitik 2030 verankern und eine Sozialversicherung für Ernährung einführen.
- Die Laufzeit einer Agrarpolitik auf mindestens 10 Jahre verlängern.
- Einführung von Kontrollmethoden, die auf autonomere und partizipativere Systeme ausgerichtet sind: Peer-to-Peer-System, dessen Überlegungen auf der allgemeinen Einführung der Diagnostik einer bäuerlichen Landwirtschaft (Diagnotic Agriculture Paysanne) basieren.
Ausserdem wurden Vorschläge für konkrete Massnahmen für jeder Branche vorgelegt.
Schliesslich stellte Uniterre einen Entwurf für eine vollständige Neugestaltung des Direktzahlungssystems vor, das auf drei Säulen beruht : die Säule I bezieht sich auf die Produktionsförderung, die Säule II betrifft die Förderung der Verarbeitung durch kleine ProduzentInnen und die Säule III befasst sich mit dem Konsum lokale Produkte.
Ziel ist es, den strukturellen Trend umzukehren, indem die Zahl der diversifizierten bäuerlichen Betriebe mit Mischkulturen und Viehzucht drastisch erhöht wird. Uniterre schlägt vor, dass die Direktzahlungen nach Arbeitskraft und nicht mehr nach Hektar ausgezahlt werden und möchte, dass diese die Diversifizierung und eine bäuerliche Landwirtschaft in menschlicher Grösse fördern, die Arbeitsplätze schafft.
Der Bundesbetrag für dieses neue Direktzahlungssystem würde mit der Zeit tendenziell sinken, da das vorgeschlagene Modell die wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit der Bauernhöfe und zunehmend lohnende Preise für die Produzentinnen und Produzenten unterstützt.
Die neuen Direktzahlungen würden aus dem bestehenden Direktzahlungsgefäss und dem Budget für marktbezogene Massnahmen finanziert.
SÄULE I: PRODUKTIONSBEIHILFE
Die Vergütungen für die Produktionshilfe basieren hauptsächlich auf den Kriterien der Diagnostik einer bäuerlichen Landwirtschaft (Diagnostic Agriculture Paysanne). Dabei handelt es sich um ein Analyseraster, das es ermöglicht, jeden Hof aus der Sicht der bäuerlichen Landwirtschaft und nicht aus der Sicht der industriellen Landwirtschaft zu bewerten. Die sechs übergreifenden Themen der Diagnostik spiegeln die sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Funktionen des bäuerlichen Landwirtschaftsprojekts wider. Die Diagnostik einer bäuerlichen Landwirtschaft wird in Frankreich seit rund 30 Jahren eingesetzt und im Kanton Genf seit 2022 getestet. Die Direktzahlungen werden pro Vollzeitäquivalent (VZÄ) statt pro Hektar und anhand eines Verteilungsschlüssels ausgezahlt, der auf der Grundlage von : A) Kriterien und Punkte der Diagnostik einer bäuerlichen Landwirtschaft; B ) Anzahl der Jahre des Betriebs ; C ) Beihilfen in schwierigen Gebieten.
SÄULE II: UNTERSTÜTZUNG FÜR DIE VERARBEITUNG DURCH KLEINE PRODUZENTINNEN
Mit Säule II soll die lokale handwerkliche Verarbeitung aufgewertet und diversifiziert werden. Nach und nach werden die öffentlichen Gelder, die heutzutage in den Taschen der Verarbeiter und der großen Detailhändler landen (marktbezogene Zulagen und Massnahmen, Exportbeihilfen, Käseverarbeitungsprämie), in kleine lokale handwerkliche Verarbeitungseinheiten umgeleitet. Ein Fonds zur Unterstützung der Gründung neuer Verarbeitungseinheiten wird eingerichtet. Parallel dazu werden Beihilfen für die Einrichtung von Lager-, Vertriebs- und Verkaufseinheiten (partizipative Lebensmittelläden, Einkaufsgemeinschaften) gewährt.
SÄULE III: KONSUMBEITRÄGE
Säule III besteht in der Einführung eines Systems der Ernährungssozialversicherung (ESV): Basierend auf dem Modell der AHV wird die ESV eine neue Säule des Sozialversicherungssystems bilden und basiert auf drei Säulen:
– Die Universalität : Jede/r zahlt nach seinen/ihren Möglichkeiten ein und nimmt die Leistungen nach seinen/ihren Bedürfnissen in Anspruch.
– Demokratische Konventionierung: Bei der ESV wird die Konventionierung von Orten und Produkten demokratisch gehandhabt. In Bezug auf die Governance der ESV-Kassen gibt es mehrere Denkansätze: Losverfahren, Abstimmung etc.
– Finanzierung durch Beiträge: Diese Beiträge werden zur Hälfte vom Arbeitgeber/von der Arbeitgeberin gezahlt: 0,95% und zur Hälfte vom Arbeitnehmer/von der Arbeitnehmerin: 0,95%, insgesamt = 1,9%. Dieses Geld wird auf einer Karte hinterlegt, die jeden Monat bei vertraglich vereinbarten Orten eingelöst werden kann. Die nicht in Anspruch genommene Rente wird nicht kumuliert und kann daher nicht als langfristiges Sparguthaben dienen. Jeder Erwachsene mit Wohnsitz in der Schweiz erhält einen Scheck von CHF 80 pro Monat und CHF 40 pro Kind, ein Vier-Personen-Haushalt hätte somit CHF 240 pro Monat. Das errechnete Gesamtbudget beläuft sich auf ca. 7,6 Milliarden pro Jahr.
Das Projekt Ernährungssozialversicherung wird derzeit im Rahmen von 2 Pilotprojekten im Kanton Genf getestet.
Brochure Diagnostic Agriculture Paysanne
Grille indicateurs Diagnostic Agriculture Paysanne
Kontakten :
Rudi Berli : 078 707 78 83, r.berli@uniterre.ch (FR/DE)
Photos : Eric Roset