Pressemitteilung 

Solidarität mit den deutschen Bauern! Keine nachhaltige Ernährung ohne faires Einkommen!

Wie in Litauen und Deutschland, wo riesige Demonstrationen stattfanden, können sich auch die Schweizer Produzenten nicht mehr über Wasser halten.

Seit Montag, dem 8. Januar, blockieren Tausende von wütenden Landwirten und Landwirtinnen die Straßen in Deutschland in einer für das Land beispiellosen Bewegung, die sich mittlerweile auch auf den Straßen- und Schienenverkehr ausgeweitet hat. Die Forderungen, die von der Mehrheit der Demonstranten und den Medien hervorgehoben werden, beziehen sich in erster Linie auf den – bereits zurückgenommenen – Versuch der Regierung, die Subventionen für Agrardiesel abzuschaffen, doch das Unbehagen geht viel tiefer1. Die mit Uniterre verbundenen Organisationen, wie die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), Mitglied von La Via Campesina, oder der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM), Mitglied des European Milk Board, haben ebenfalls zu Demonstrationen aufgerufen, mit erweiterten und grundsätzlicheren Forderungen1.. Diese Wut ist also weder ein Tummelplatz der extremen Rechten noch unbetroffen gegenüber der ökologischen Katastrophe. Aber keine Regierung kann sich darauf beschränken, die legitimen Erwartungen der Gesellschaft zu erfüllen, indem sie Subventionen streicht und die Last ohne Gegenleistung auf die Bauern abwälzt. Weder in Deutschland, noch in der Schweiz, noch anderswo.

Auch in der Schweiz wächst der wirtschaftliche Druck auf die Produzent-innen

Während im Jahre 2022 die Produktionskosten um 14% gestiegen sind und sich die ökologischen und sozialen Auflagen gegenüber der Landwirtschaft erhöhen, haben die Produzent-innen keine Möglichkeit diese Mehrkosten auf dem Markt einzufordern. Der Schweizer Nahrungsmittelmarkt wird von Grossverteilern und industriellen Verarbeitungsbetrieben dominiert. Händler und Verarbeiter streichen Rekordgewinne ein, während das landwirtschaftliche Einkommen um 7% gesunken ist.

Auf politischer Ebene konnten zwar knapp Kürzungen im Agrarbudget abgewiesen werden, aber statt einem entschlossenen Eingreifen in die Verbesserung der Marktposition der Produzent-innen, ufern die bürokratischen Auflagen weiter aus. Trotz bröckelndem Absatz der Produktion mit ökologischem und tiergerechtem Mehrwert, hält die Mehrheit der Umweltverbände weiter an ihren vom Wirtschaftssystem abgekoppelten Forderungen nach oberflächlichen ökologischen Massnahmen fest und bedrohen damit die bäuerliche Landwirtschaft welche die eigentliche Hüterin der Biodiversität ist.

Bäuerinnen und Bauern endlich in die Lage versetzen, mit dem nachgelagerten Bereich auf Augenhöhe zu verhandeln!

Bäuerinnen und Bauern erhalten innerhalb der Wertschöpfungsketten nur unzureichend kostendeckende Preise. Das Landwirtschaftsgesetz im Speziellen Artikel 5, 7, 8 und 37 geben der Regierung die Möglichkeit, eine gesetzliche Vertragsgestaltung vor Lieferung zwischen den Abnehmern und den Bäuerinnen und Bauern verpflichtend einzuführen. In diesen Verträgen sind zwingend Mengen, Qualitäten, Laufzeiten und ein fester Preis zu vereinbaren. Die Umsetzung dieses Artikels würde die Wertschöpfung auf den bäuerlichen Betrieben steigern, ohne das zusätzliche Mittel aus dem Bundeshaushalt notwendig sind. Die Politik kann dieses Instrument umgehend einsetzen.

Erhöhen der Importzölle auf Agrarprodukten und Lenkungsabgabe auf Futtermittelhandel zur Finanzierung des Umbaus der Tierhaltung in Richtung artgerecht und umweltverträglich! Die damit verbundene Verbesserung der Wertschöpfung ermöglicht auch speziell im Bereich der Tierhaltung ein nachhaltiges Ernährungs-system zu fördern ohne neue Belastung der Bundesfinanzen.

Zugang zu Land – Stop dem Strukturwandel ! Die Reform des Raumplanungsgesetzes und des landwirtschaftlichen Bodenrechts sollen Kulturland schützen und die landwirtschaftliche Diversifizierung ermöglichen, neue bäuerliche Wirtschaftsgebäude müssen erstellt werden können und es müssen Wege gefunden werden um jungen Bäuerinnen und Bauern die Existenzgründung in der Landwirtschaft zu erleichtern. Kein Hof darf mehr verschwinden und die Anzahl der landwirtschaftlichen Aktiven muss verdoppelt werden !

Vereinfachung des Direktzahlungssystems ! 

Der ausufernden Bürokratisierung muss ein Ende gemacht werden: Die faire Entlohnung der Bäuerinnen und Bauern muss in erster Linie über Preise am Markt erfolgen. Direktzahlungen sollen Standortnachteile (Hügel- und Bergzone) kompensieren und multifunktionale Leistungen welche nicht vom Markt übernommen werden, aber im gesamtgesellschaftlichen Interesse stehen, entgelten. Die Versorgungssicherheits Grundzahlungen sollen an Arbeitskräfte statt an Fläche gebunden werden, um den Strukturwandel endlich umzukehren!

 

Kontakt : Rudi Berli (FR/DE) : r.berli@uniterre.ch – 078 707 78 83

 

[1] Die Forderungen der AbL :

https://www.abl-ev.de/fileadmin/Dokumente/AbL_ev/Publikationen/Agrarpolitischer_6-Punkteplan_als_Reaktion_auf_die_aktuellen_Proiteste__-_F%C3%BCr_Wirtschaftliche_Planbarkeit_faire_Preise_und_eine_gerechte_Transformation_.pdf

 

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