Uniterre Pressemitteilung zur Vernehmlassung der Agrarverordnungen 2024: Es sind noch grosse Fortschritte zu machen!

Leider stellen wir fest, dass trotz einiger positiver Elemente wie der Einführung einer obligatorischen Sozialversicherung für Ehepartner und der Anpassung der Importperioden für gewisse Gemüse oder der Anpassung der sozialen Begleitmassnahmen (SBMV) dieses Verordnungspaket den Strukturwandel und die besorgniserregende wirtschaftliche Situation, unter der die bäuerliche Landwirtschaft in der Schweiz leidet, nicht in Frage stellt. Eine bäuerliche Landwirtschaft, die den Herausforderungen der Zukunft gerecht wird, wird zwangsläufig mehr kosten, man wird die Bevölkerung nicht nachhaltig versorgen können ohne eine deutliche Aufwertung der Produktion. Wir bekräftigen unsere Forderung nach einer Erhöhung des Agrarbudgets um mindestens 5%. Die Anstrengungen der Landwirtschaft für die Umwelt, für die Energieversorgung und die Energiewende, der Beitrag zur Volksgesundheit durch gesunde und qualitativ hochwertige Lebensmittel sowie die Herausforderungen im Bereich der Forschung sollten übergreifend von den jeweiligen Departementen finanziert werden. In diesem Sinne ist eine umfassende Reflexion über das Ernährungssystem notwendig und muss eine Voraussetzung für eine Weiterentwicklung der Agrarpolitik sein.

Administrative Komplexität

Wir stellen fest, dass diese Verordnungen in Bezug auf die administrative Komplexität nur wenige Vereinfachungen beinhalten, wie z.B. die gewollte Zusammenfassung bestimmter Leistungen zugunsten der Biodiversität, sondern im Gegenteil dazu tendieren, neue administrative Anforderungen und Komplexität zu schaffen. Dieses System muss auf den Prüfstand gestellt werden.

Uniterre lehnt die Einführung des unnötigen zentralen Informationssystem DigiFlux ab. Die Daten werden bereits gesammelt und bei den durchgeführten Kontrollen ausgehändigt oder vorgelegt, aber sie müssen Eigentum der Bauern und Bäuerinnen bleiben. Das System der Kontrollen und Sanktionen muss überarbeitet, humanisiert und vereinfacht werden. Es geht darum, zu begleiten und zu unterstützen, anstatt zu bestrafen. Wir fordern, dass die Anzahl der Kontrollen auf maximal eine Kontrolle pro Jahr beschränkt wird.

Soziale Absicherung von Ehepartnern

Die Einführung einer obligatorischen Sozialversicherung ist notwendig und ein wichtiger Schritt, um die Gleichstellung zwischen Männern und Frauen in der Landwirtschaft zu verbessern. Sie wirft jedoch die Frage nach der allgemeinen Altersvorsorge, der AHV welche unzureichend ist, auf. Die geringe Sparfähigkeit der Bauernhöfe aufgrund der zu niedrigen sektoralen Einkommen schwächt die anderen Säulen der Vorsorge. Diese Problematik muss mit einer Verbesserung des landwirtschaftlichen Einkommens gelöst werden. Auf dieser Ebene gibt es leider aktuell kaum konkrete Schritt des Bundes bezüglich der Rahmenbedingungen des Marktes und die Beibehaltung des derzeitigen Finanzrahmens ist daher unzureichend.

Zollschutz und Zwei-Phasen-System für Obst und Gemüse

Der Zollschutz ist von zentraler Bedeutung, um ein Ernährungssystem zu ermöglichen, das auf einer vielfältigen bäuerlichen Landwirtschaft beruht, die sich vorrangig auf die nationalen Produktionskapazitäten stützt. In diesem Sinne begrüsst Uniterre die Anpassung des Zwei-Phasen-Systems. Diese müssen periodisch (mindestens alle 10 Jahre) an die sich verändernden klimatischen Bedingungen und die Entwicklung der Anbautechniken angepasst werden. Bei der Festlegung der Einfuhrzeiträume für Obst und Gemüse wäre es jedoch wichtig, näher an den Terminen der Vermarktung der inländischen Produktion zu liegen, um die inländische Produktion nicht zu benachteiligen. Mit der vorgeschlagenen Anpassung der bewirtschafteten Page 2 / 2

Perioden ist man noch weit davon entfernt, sich an die Realität des inländischen Produktionskalenders anzupassen. Zudem leiden der Obst- und Gemüsesektor bereits unter unlauterem Wettbewerb und Preisdumping während der nicht bewirtschafteten Perioden. Wir fordern, dass der Bund den Zollschutz in dieser nicht bewirtschafteten Periode verstärkt. Die Behörden müssen eine Weiterentwicklung der Handelsabkommen (Agrarabkommen mit der EU, WTO-Abkommen und Freihandelsabkommen) aushandeln, um diesen notwendigen Zollschutz für landwirtschaftliche Produkte zu stärken.

Erhalt der Biodiversität und Management landwirtschaftlicher Ressourcen

Fragen im Zusammenhang mit der Erhaltung der Biodiversität und zum Umgang mit landwirtschaftlichen Betriebsmitteln, insbesondere Düngemittel und Pflanzenschutzmittel, müssen systemisch und mit Blick auf die Nachhaltigkeit des Ernährungssystems angegangen werden. Das System der Direktzahlungen, insbesondere für Flächen zur Erhaltung der Biodiversität, ist nach wie vor zu komplex und verfehlt sein Ziel, mit der bemerkenswerten Ausnahme von Vernetzungsmaßnahmen. Nach Ansicht von Uniterre sollten diese Zahlungen die Umkehr des Strukturwandels, die Vielfalt der landwirtschaftlichen Strukturen sowie gemischte Ackerbau- und Viehzuchtbetriebe fördern. Dieses Ziel wurde in keiner Weise erreicht. Bis zu einer umfassenden Reform des Systems plädieren wir für ein Einfrieren der geplanten neuen Maßnahmen.

Die Verordnung sieht die Finanzierung von Kompetenz- und Innovationsnetzwerken vor, insbesondere in den Bereichen Pflanzenzüchtung, Tierzucht und Tiergesundheit. Uniterre begrüsst dieses Engagement des Bundes, fordert aber einerseits den Einbezug der Akteure vor Ort und einen partizipativen Ansatz, der sich an Lösungen orientiert, die die bäuerliche Autonomie fördern, und andererseits eine Finanzierung durch das Forschungsdepartement oder eine konsequente Erhöhung des Agrarbudgets.

Ernteversicherungsprämien

Uniterre begrüßt die Einführung eines Beitrages zur Senkung der Prämien für Ernteversicherungen.

Allerdings sollten alle Klimarisiken abgedeckt werden und nicht nur Frost- oder Dürrerisiken. Uniterre hat immer gefordert, dass das Produktionsrisiko zu 10% in den Preis eingerechnet wird. Wir sind jedoch weit davon entfernt, dieses Ziel zu erreichen, und die Folgen der Produktionsrisiken lasten heute auf den Bauernhöfen. Die punktuellen kantonalen Stützungsmassnahmen reichen nicht aus.

Leider werden die extremen Wetterereignisse wahrscheinlich stark zunehmen und es müssen wirtschaftliche Lösungen gefunden werden, um die betroffenen Bauernhöfe nicht zu gefährden. Die Begrenzung dieses Beitrags auf acht Jahre soll Zeit lassen, um über ein langfristiges und für alle Bauernhöfe geltendes allgemeines System zur Risikoabsicherung nachzudenken. Darüber hinaus muss die Finanzierung dieser Beiträge, deren Umfang noch ungewiss ist, durch eine entsprechende Erhöhung des Agrarbudgets sichergestellt werden.

Kontakt:

Rudi Berli, 078 70 77 883, r.berli[at]uniterre.ch