Pressemitteilung, Lausanne, 2. Dezember 2025

Während die Europäische Kommission eine Strategie über den Generationswechsel in der Landwirtschaft veröffentlicht, sind die Schweizer Behörden in Bezug auf die Überalterung des Sektors weiterhin auf beiden Augen blind. Weder die Revision des BBGB, noch die Diskussionen über die Agrarpolitik 30+, scheinen den demografischen und strukturellen Herausforderungen, denen unser Land gegenüberstehen wird, gerecht zu werden.  

Am 25. Oktober dieses Jahres veröffentlichte die Europäische Kommission eine relativ ehrgeizige Strategie zum Generationenwechsel in der Landwirtschaft, deren Ziel es ist, die Zahl der aktiven Junglandwirt*innen in der Europäischen Union bis 2040 zu verdoppeln. Sie fordert alle Mitgliedstaaten auf, bis 2028 eine nationale Strategie zu entwickeln, und schlägt ihnen vor, mindestens 6 % ihrer Agrarausgaben in Massnahmen zur Förderung des Generationswechsels zu investieren. Im Bewusstsein, dass nebst den niedrigen Preisen auch der schwierige Zugang zu Land sowie zu Krediten, Wissen, angemessenen Rentenaussichten und hochwertigen öffentlichen Dienstleistungen in ländlichen Gebieten grosse Hindernisse für die Niederlassung neuer Landwirtinnen und Landwirte darstellen, stützte sich die Kommission bei der Ausarbeitung ihrer Strategie unter anderem auf die Vorschläge der Europäischen Koordination Via Campesina. Die ECVC begrüsst diese Strategie weitgehend, obwohl sie „besorgt ist, dass  „carbon-farming“, die Erzeugung erneuerbarer Energien und die Bioökonomie als Quellen für die Diversifizierung der Einkommensquellen gefördert werden“.

Die Schweiz hingegen verschliesst nach wie vor die Augen gegenüber der demografischen Realität, und es werden keine Massnahmen vorgeschlagen, um unsere Ernährungssicherheit zu gewährleisten, obwohl 56 % der aktiven Landwirt*innen über 55 Jahre alt sind. Tatsächlich drohen die Verhandlungen über die Agrarpolitik 30+ zu einem Nullergebnis zu führen, und der Revision des BBGB mangelt es schmerzlich an einer langfristigen Vision.  Angesichts des Aderlasses in der Landwirtschaft und des Verschwindens zu vieler bäuerlicher Betriebe (insbesondere mittelgrosser) – ein Trend, der sich im Laufe des Jahrzehnts noch beschleunigen wird – wird eine nachhaltige Umstellung des Ernährungssystems nur mit mehr Arbeitskräften auf den Feldern möglich sein. Die in der Revision des BBGB vorgeschlagene Möglichkeit, sich für den Einstieg stärker zu verschulden, ist keineswegs eine nachhaltige Massnahme für die Zukunft der Landwirtschaft. Diese ist bereits jetzt der am höchsten verschuldete Sektor der Schweiz.

Wir fordern daher die Schweizer Regierung dringend auf, ebenfalls eine Strategie für den Generationswechsel und den Zugang zu Land zu entwickeln, welche sich an den Bedürfnissen der betroffenen Personen orientiert, insbesondere von jungen Menschen, Personen ohne landwirtschaftlichen Hintergrund und Frauen. Konkrete Massnahmen und gesetzliche Hebel müssen ab sofort in die derzeit verhandelten Fassungen des BBGB, des Raumplanungsgesetzes und der AP30+ aufgenommen werden. Diese Massnahmen müssen die Übertragung ausserhalb der Familie und die Umsetzung von agrarökologischen Projekten fördern, die den Erwartungen der Bevölkerung entsprechen (Einhaltung des Pariser Abkommens und der 42 Massnahmen im Bereich Landwirtschaft und Ernährung bis 2030 mit dem Ziel, die Emissionen der landwirtschaftlichen Produktion um mindestens 40 % zu reduzieren).

Schliesslich laden wir den Bundesrat ein, sich seinen europäischen Amtskolleg*innen anlässlich der zweiten Internationalen Konferenz über Agrarreform und ländliche Entwicklung anzuschliessen, die im Februar in Cartagena de Indias auf Einladung der kolumbianischen Regierung stattfinden wird.

Uniterre, welche sich seit vielen Jahren mit diesem Thema befasst, erarbeitet derzeit konkrete Gesetzesvorschläge und lädt Politikerinnen und Politiker aller Ebenen ein, Kontakt aufzunehmen und sich dieser Frage anzunehmen.

 

Kontakt:
Eline Müller, e.muller@uniterre.ch, 078 824 8501 (FR)
Karel Ziehli, k.ziehli@uniterre.ch, 079 266 1657 (FR, DE)